Das Semesterticket ist in Gefahr

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An der Duisburger Uni läuft derzeit eine Urwahl der Studierendenschaft – es geht um die Kündigung des Semestertickets. Das Ende des günstigen Vorreiter-Tickets, wie man es bislang kannte, scheint damit kurz bevorzustehen.

Unschlagbar günstig – dank Solidarprinzip

Bereits seit den 90er-Jahren gibt es an vielen deutschen Unis ein sogenanntes „Semesterticket“. Dieses ermöglicht den Studierenden flexibel und kostengünstig den ÖPNV zu nutzen. Die Gebühren für das Ticket sind dabei direkt im halbjährlichen Semesterbeitrag enthalten – und sind verpflichtend zu entrichten, nur in besonderen Ausnahmesituationen (wie etwa Beurlaubung oder im Fall von Studierenden mit Behinderung) ist es möglich, auf das Ticket zu verzichten.
Dieses sogenannte Solidarprinzip ermöglichte bislang unschlagbar günstige Ticketpreise. Beispiel für Duisburg: Das Semesterticket kostet derzeit 220,02€ und ermöglicht es, 6 Monate lang in ganz NRW den Nahverkehr zu nutzen. Im VRR gelten zudem Sonderkonditionen, die beispielsweise die Mitnahme eines Fahrrads erlauben, sowie am Wochenende und in den Abendstunden die Mitnahme einer weiteren Person.
Für Auszubildende kostete das vergleichbare Ticket, das YoungTicket Plus, im Abo 65,02€ pro Monat – und ermöglicht dabei Mobilität ausschließlich im VRR anstatt im gesamten Bundesland. Das Ticket 2000 der Preisstufe D kostete zuletzt 192,27€ pro Monat im Abo.

Das Semesterticket war dabei lange so beliebt, dass immer wieder „Scheinstudierende“ sich nur deshalb an einer Universität einschrieben um das Ticket zu erhalten – in Kauf nehmend, dass neben den 220€ für das Ticket auch den Rest des Semesterbeitrags (ca. 100€) zu zahlen. Zu dieser Praxis wollen wir hier natürlich nicht raten, sie zeigt aber beeindruckend, wie lohnend das Semesterticket war.
In Zeiten eines deutschlandweit gültigen Tickets für 49€ pro Monat, dürfte sich das erledigt haben, finanziell rechnet es sich jedenfalls nicht mehr.

Rechtsbedenken durch geringe Preisdifferenz

Natürlich gab es zu jeder Zeit Diskussionen um das Semesterticket. Gerade Studierende, die aus vielfältigen Gründen das Ticket nicht nutzen wollen oder können, haben sich seit jeher dagegen gewehrt, den Beitrag zahlen zu müssen. Bereits 1992 klagte ein Duisburger Student – wurde vor Gericht aber abgewiesen. Das Solidarprinzip sei rechtens, der Gesamtvorteil durch das Semesterticket hoch genug.

Mit der Einführung des Deutschlandtickets steht dies nun in Frage. Mehrere Rechtsgutachten, eines davon im Auftrag der Studierendenschaft der TU Dortmund angefertigt, bestätigen: die geringe Preisdifferenz zwischen Deutschlandticket und Semesterticket weckt Zweifel an der Rechtssicherheit.

Der AStA (Allgemeiner Studierendenausschuss) der UDE befürchtet: Klagen einzelne Studierende gegen das Ticket, so könnten sie vor Gericht recht bekommen. So könnten sich AstA und Studierendenschaft auf einmal nicht zu bewältigenden finanziellen Rückforderungen gegenüber sehen.

Urwahl der Studierendenschaft

Damit es gar nicht erst so weit kommt, hat der AStA beschlossen, das Semesterticket zu kündigen. Eine solche Entscheidung kann jedoch nur von der Gesamtheit der Studierenden gefällt werden – daher findet noch bis einschließlich 24.11. eine Urwahl statt, bei der alle Studierenden der UDE aufgefordert sind zu entscheiden: Für die Kündigung des Tickets oder dagegen.

Die Rechtssicherheit des Tickets könnte auch dadurch wiederhergestellt werden, dass der Preis für das Semesterticket deutlich gesenkt wird. Diesbezügliche Verhandlungen mit dem VRR seien aber gescheitert. Im Gegenteil habe die DVG angekündigt, den Preis des VRR-Anteils des Tickets in den kommenden Semestern zu erhöhen.

Ein Ticket für die Studierenden – und für die Umwelt

Gleich, wie das Ergebnis der Urwahl lauten wird: Kommen Verkehrsverbünde und Politik der Studierendenschaft nicht entgegen, handelt es sich hier womöglich um das Ende des Semestertickets, wie wir es bislang kannten. Lang wurde dafür gekämpft und viel bedeutet es: neben finanzieller Entlastung für die Studierenden, die ohnehin häufig knapp bei Kasse sind, für flexible Mobilität – und nicht zuletzt auch für die Umwelt. Denn wer ohnehin ein Semesterticket besitzt, der wird sich eher einmal für Bus und Bahn entscheiden, als wer für die Fahrt noch ein teures Einzelticket lösen muss. Wenn das Semesterticket fällt, bedeutet dies auch das: kein finanzieller Anreiz mehr für klimafreundliche Mobilität.