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„Mehr Grün für Duisburg“?

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Die Diskussion um den Schutz von Bäumen in Duisburg hat in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit erregt. Früher sorgte die Baumschutzsatzung der Stadt dafür, dass Bäume auf Privatgrundstücken rechtlich geschützt waren. Seit deren Abschaffung im Jahr 2016 hat Duisburg viele Bäume verloren. Die neue Selbstverpflichtung „Mehr Grün für Duisburg“ wird von den Verantwortlichen nun als Ersatz für die alte Satzung dargestellt, ist jedoch deutlich schwächer und hat keine rechtlich bindende Wirkung. Was bedeutet das für unsere Stadt und was muss sich ändern?

Die Geschichte der Baumschutzsatzung in Duisburg

Seit 1991 galt für die Stadt Duisburg eine Baumschutzsatzung – zuletzt schützte sie Bäume auf privaten Grundstücken, und fand in der Regel auch im öffentlichen Raum Anwendung. Die Regelungen waren streng: Fällungen waren nur in Ausnahmefällen erlaubt, und oft mussten mehrere Ersatzbäume gepflanzt werden, abhängig vom Stammumfang der gefällten Bäume. 2016 wurde die Satzung ersatzlos abgeschafft. Dies wurde vor allem mit Bürokratieabbau und Kosteneinsparung begründet. Seitdem gab es verstärkte Fällungen, besonders auf Privatflächen, und eine spürbare Abnahme des Baumbestands. Trotz Bürgerprotesten – unter anderem forderte Fridays for Future Duisburg wiederholt die Wiedereinführung – bleibt Duisburg (anders als die Nachbarstädte) weiterhin ohne Baumschutzsatzung.

„Mehr Grün für Duisburg“

„Mehr Grün für Duisburg“ ist eine freiwillige Selbstverpflichtung der Stadt Duisburg. Nachdem die alte Baumschutzsatzung 2016 abgeschafft wurde, gab es in der Folgezeit viel Kritik und Proteste seitens der Bevölkerung und von Umweltschutzorganisationen.

Nun beschloss der Stadtrat, mit der Selbstverpflichtung „Mehr Grün für Duisburg“ die Pflege, Erhaltung und Neupflanzung von Bäumen neu zu organisieren. Diese Erklärung wurde jedoch nicht als rechtlich bindendes Regelwerk formuliert, sondern als eine freiwillige Absichtserklärung, die vor allem auf städtischen Flächen umgesetzt werden soll.

Vergleich der alten Baumschutzsatzung und der Selbstverpflichtung „Mehr Grün für Duisburg“

Während die alte Satzung auf klaren rechtlichen Vorgaben basierte, setzt die neue Selbstverpflichtung „Mehr Grün für Duisburg“ auf freiwillige Maßnahmen und Selbstkontrolle. Dies führt zu wesentlichen Unterschieden in ihrer praktischen Wirksamkeit und dem tatsächlichen Schutz für den Baumbestand.

1. Rechtsverbindlichkeit und Durchsetzungskraft

Die Baumschutzsatzung von 2011 war ein rechtlich bindendes Dokument, das den Schutz und Erhalt von Bäumen umfassend regelte. Jeder Baum mit einem bestimmten Stammumfang unterlag dieser Satzung. Die Fällung solcher Bäume war genehmigungspflichtig und nur unter strengen Auflagen möglich. Verstöße gegen diese Satzung konnten sanktioniert werden, zum Beispiel durch Bußgelder. Zudem legte die Satzung fest, dass bei Fällungen oft mehr als ein Ersatzbaum gepflanzt werden musste, abhängig vom Stammumfang des gefällten Baums.

Im Gegensatz dazu ist die Selbstverpflichtung „Mehr Grün für Duisburg“ nicht rechtlich bindend. Sie ist eine freiwillige Absichtserklärung. Verstöße oder Abweichungen von den festgelegten Prinzipien haben keine rechtlichen Konsequenzen. Die Selbstverpflichtung setzt auf Monitoring und interne Kontrolle, aber es gibt keine klaren Sanktionen oder externe Durchsetzungsmöglichkeiten. Auch die Bürger haben keinen rechtlichen Anspruch auf die Einhaltung der festgelegten Ziele.

Es steht im neuen Konzept, dass Bäume nur als „letztes Mittel“ gefällt werden sollen. Was das im Einzelfall heißt, bleibt offen. Welche Gründe hier alle als zwingend und wichtiger als den Baumerhalt angesehen werden? Im Zweifelsfall viele.

2. Geltungsbereich: Private vs. öffentliche Flächen

Ein weiterer zentraler Unterschied ist der Geltungsbereich der beiden Regelwerke. Die Baumschutzsatzung von 2011 bezog sich explizit auf Privatgrundstücke. Das bedeutete, dass Bäume auf privatem Eigentum – wie in Gärten oder auf Firmengeländen – geschützt waren. Grundstückseigentümer mussten eine Genehmigung einholen, bevor sie einen geschützten Baum fällen durften, und waren verpflichtet, Ersatzpflanzungen vorzunehmen.

Die Selbstverpflichtung hingegen bezieht sich ausschließlich auf städtische und öffentlich verwaltete Flächen. Sie lässt Bäume auf privaten Grundstücken außen vor und setzt stattdessen auf freiwillige Maßnahmen und Anreize, um Privatbesitzer zu motivieren, Bäume zu pflanzen und zu schützen. Dieser Ansatz führt zu einem deutlich geringeren Schutz für den gesamten Baumbestand in der Stadt, da große Teile der urbanen Grünflächen in privater Hand liegen.

3. Umfang der Ersatzpflanzungen

Die Anforderungen an Ersatzpflanzungen waren in der Baumschutzsatzung von 2011 klar geregelt und variierten abhängig vom Umfang des zu fällenden Baumes. Ein dickerer, alter Baum musste abhängig von seinem Stammumfang durch zwei oder mehr Neupflanzungen ersetzt werden – was den ökologischen Verlust eines großkronigen Baumes zwar noch immer nicht aufwiegt, aber immerhin ein besserer Ersatz ist, als ein einzelner neuer Baum.

Die neue Selbstverpflichtung sieht jedoch genau das vor: Eine 1:1-Ersatzpflanzung, unabhängig von der Größe oder dem Alter des gefällten Baums. Dies bedeutet, dass auch große und ökologisch wertvolle Bäume durch nur einen neuen Baum ersetzt werden können, was zu einem Nettoverlust an Stadtgrün führt. Dieser Ansatz schwächt die bisherigen Standards.

Bis ein neu gepflanzter Baum an den Wert eines alten, großkronigen Baumes herankommt, gehen viele Jahre oder gar Jahrzehnte ins Land – immer unter der Voraussetzung, dass die Ersatzpflanzung gut gepflegt wird und die nächsten Sommer übersteht.

4. Leitfaden und Fördermöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger

Das neue Konzept wirbt damit, mehr zu umfassen als lediglich den Schutz von Bäumen. Neben der diskutierten Selbstverpflichtung gibt es auch eine neue Handreichung und Fördermittel für Bürgerinnen und Bürger, in der Tipps für die Gestaltung eines naturnahen Gartens gegeben werden. Was an sich keine schlechte Idee ist, darf aber nicht als wirksame städtische Maßnahme verkauft werden! Es ist wohl leider nicht zu erwarten, dass diese Tipps zu einer ökologischen Umgestaltung einer signifikanten Anzahl an Duisburger Gärten führen. Zudem: Gestalten Bürgerinnen und Bürger ihren Garten tatsächlich naturnah, so ist dies keine Leistung der Stadt, sondern die von engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die in Sachen praktischer Umsetzung häufig der Stadt noch einen großen Schritt voraus sind!

Wir hoffen natürlich, dass die Fördermittel zur Pflanzung von einheimischen Laubbäumen, Flächenentsiegelung und Dachbegrünung abgerufen werden – idealerweise nach Standortprüfung und mit gesicherter Pflege für die Anwuchsphase – und einen kleinen Teil beitragen zu einem grüneren Duisburg, auch ohne Schutz für die bestehenden Bäume.

5. Erwähnung von Selbstverständlichkeiten

Interessanterweise verpflichtet sich die Stadt Duisburg in „Mehr Grün für Duisburg“ auch zu Punkten, deren Umsetzung ohnehin bereits Standard ist. Erwähnenswert ist hier beispielsweise der Baumschutz bei der Baustellenplanung. Hier gibt es die „Richtlinien zum Schutz von Bäumen und Vegetationsbeständen bei Baumaßnahmen“ (R SBB). Statt echter Innovation oder strengeren Verpflichtungen werden hier Selbstverständlichkeiten betont, was den Anschein einer Maßnahme erweckt, ohne tatsächlich über das bereits Vorgeschriebene hinauszugehen. Dieses Vorgehen wirkt eher wie Symbolpolitik, die wenig zur tatsächlichen Verbesserung des Baumschutzes beiträgt.

6. Einsatz der erhobenen Gebühren

Erwähnenswert sind auch die Gebühren, die durch die alte Baumschutzsatzung bei Entscheidungen im Zusammenhang mit Baumfällungen, Ausnahmen und Befreiungen erhoben wurden. Die Gebührenpflicht war ein zusätzliches Instrument, um sicherzustellen, dass Entscheidungen zum Baumschutz sorgfältig abgewogen und dokumentiert werden. Die Gebühren deckten Verwaltungsaufwendungen, sollten aber auch sicherstellen, dass ausreichend finanzielle Mittel für den Baumschutz zur Verfügung stehen.

Ohne die Gebühren, die durch die Satzung erhoben wurden, könnte es schwieriger sein, ausreichend Mittel für den operativen Baumschutz und Ersatzpflanzungen aufzubringen. In der neuen Selbstverpflichtungserklärung basieren die Maßnahmen eher auf freiwilliger Umsetzung und sind auf das allgemeine städtische Budget angewiesen, was weniger verlässlich ist.

Fazit: Weit entfernt von neuer Baumschutzsatzung

Die Baumschutzsatzung von 2011 bot einen umfassenden Schutz für den Duisburger Baumbestand. Mit ihrer Abschaffung hat die Stadt diesen Schutz erheblich abgeschwächt. Die neue Selbstverpflichtung „Mehr Grün für Duisburg“ ist zwar gut gemeint und soll neue Bäume in die Stadt bringen, ersetzt aber nicht die verbindliche Regelung, die notwendig ist, um den Bestand langfristig zu sichern. Viele der neuen Maßnahmen sind freiwillig und damit weit weniger effektiv. Ergebnis ist ein schwächerer Schutz für Duisburgs Bäume und langfristig eine geringere Begrünung der Stadt.