Unsere beiden klimabewegten Mitglieder Wolfgang und Antje haben an alle demokratischen Fraktionen im Rat der Stadt Duisburg einen offenen Brief zum Lärmaktionsplan geschrieben, den wir gerne hier teilen.
Guten Tag,
im Rahmen der Richtlinie 2002/49/EG3 des europäischen Parlaments (Umgebungslärm-Richtlinie) hatte die Stadt Duisburg die 4. Stufe ihres Lärmschutzaktionsplans erstellt und im Sommer 2024 offengelegt.
Antje Ahlbrecht und ich haben unabhängig voneinander Einspruch eingelegt.
Kurz zusammengefasst haben wir festgestellt, dass der vorgelegte Plan
- grobe sachliche Fehler enthält
- im Wesentlichen eine kopierte Version der Stufe 3 ist
- keine Maßnahmen zur Reduktion des Lärms in Duisburg enthält.
Wir haben beide noch nie ein Dokument der Stadt Duisburg von einer solch schlechten Qualität gesehen, der gesamte Lärmschutzaktionsplan ist nicht akzeptabel.
In der Antwort der Verwaltung auf unsere Einwendungen wurde bestätigt, dass sie im Wesentlichen gerechtfertigt sind.
Duisburg ist weltweit der größte Binnenhafen. Selbst in dem Aktionsplan steht, dass die Hauptquelle des Lärms der Straßenverkehr ist. Duisburg hat kein Mobilitätskonzept, die Erstellung wurde gerade abgebrochen.
Lärm ist für Menschen vor allem gesundheitsschädlich.
Ein echter Lärmschutzaktionsplan und seine Umsetzung sind für die Bewohnerinnen und Bewohner von Duisburg dringend erforderlich.
Ich hatte mich auch an die zuständige Bezirksregierung in Düsseldorf gewandt, an die der Bericht ging und sie gebeten, auf einem akzeptablen Lärmschutzaktionsplan zu bestehen.
Leider habe ich nie Antwort bekommen.
In der Beschlussvorlage 24-1043 für den Rat der Stadt Duisburg ist dargelegt, dass das folgende Vorgehen mit der Bezirksregierung und dem Ministerium für Verkehr NRW abgesprochen ist:
Wegen „einer verspäteten Softwarebereitstellung und der langwierigen Überarbeitung des Datenmodells“ sah sich die Stadt Duisburg nicht in der Lage, einen Plan mit Substanz zu erstellen. Um Strafzahlungen der EU zu vermeiden, wurde der Fake-Aktionsplan „bereits im Vorlauf zu den politischen Beratungen durch einen entsprechenden Beschluss des Verwaltungsvorstandes für eine vorläufige Meldung an die EU-Kommission freigegeben. Diese vorläufige Inkraftsetzung und Vorab-Meldung soll mit der hier vorgelegten Beschlussvorlage durch die Beratung in den politischen Gremien und durch einen Beschluss durch den Rat der Stadt legitimiert werden.“
Wir fordern als Duisburger*innen einen Lärmschutzaktionsplan mit Substanz. Er steht uns im Rahmen des EU-Rechts zu und ist gerade in Duisburg sehr wichtig.
Wir können nicht beurteilen, ob die angeführten Gründe der verspäteten Softwarebereitstellung stichhaltig sind.
Aber wir sind uns sicher, dass ein Lärmschutzaktionsplan ohne sachliche Fehler erstellt werden kann. In anderen Kommunen unserer Region sind durchaus korrekte Lärmaktionspläne mit echten Maßnahmen zu finden.
Wir wissen, dass bislang in Duisburg keine Maßnahmen zur Lärmreduktion durchgeführt wurden und wir bestehen darauf, dass konkrete Maßnahmen zur Lärmreduktion vorgeschlagen und durchgeführt werden. Das ist unabhängig von der Software zur Berechnung der Lärmbelastung. In Duisburg müssen das Maßnahmen zur Reduzierung des Auto- und LKW-Verkehrs sein, das wird aus allen Fortschreibungen des Lärmschutzaktionsplans deutlich. Wir halten es für lächerlich, zum Beispiel die Teilnahme am Stadtradeln (im übrigen mit sehr schlechtem Ergebnis) als Maßnahme zur Lärmreduktion aufzuführen: Wir als Bevölkerung sowie die EU-Vorgaben werden nicht ernst genommen.
Wir fühlen uns als Bürger:in der Stadt nicht nur von der Stadtverwaltung mit der Erstellung des miserablen Plans betrogen, sondern auch von der Bezirksregierung und dem Ministerium, die diesen Vorgang decken.
Unsere Bitte an Sie ist also:
Bitte stimmen Sie in der Ratssitzung nicht für die Vorlage 24-1043, sondern bestehen Sie darauf, dass umgehend ein Lärmschutzaktionsplan vorgelegt wird, der seinen Namen verdient. Wir denken, dass es bis 2025 möglich ist, diese Vorgabe zu erfüllen.
Uns Bürgerinnen und Bürgern geht es nicht darum, dass Aufgaben der EU formal erfüllt werden, sondern darum, dass sie sinnvoll erfüllt und umgesetzt werden.
Wir haben schon an eine Europaabgeordnete die Frage geschickt, ob dieser Pseudo-Plan und das Prozedere dem Sinn der EU-Richtlinien entsprechen.
Vielen Dank. Über eine Antwort von Ihnen freuen wir uns.
Herzliche Grüße aus Duisburg
Antje Ahlbrecht, Wolfgang Dewald
Update (15.11.2024):
Wir haben von allen angeschriebenen Parteien Antwort erhalten, teilweise sind die Antworten sogar recht ausführlich.
Fast alle gingen inhaltlich auf unser Schreiben ein. Sie stimmten uns dann auch zu, dass Lärm in Duisburg ein Problem ist und dass Lärm gesundheitsschädlich ist.
Erwartungsgemäß gab es Ankündigungen, unserem Wunsch zu entsprechen und die Vorlage nicht bedingungslos anzunehmen, andere wollten sich nicht festlegen, sicherten aber zumindest zu, unsere Argumente zu prüfen.
Das ist für uns natürlich in Ordnung. Wir haben den Eindruck, dass wir bei allen Parteien Aufmerksamkeit für den Lärmaktionsplan und das Prozedere wecken konnten und sehen das als einen kleinen Erfolg.
Wir werden aufmerksam den weiteren Verlauf des Lärmaktionsplans beobachten und die Ergebnisse zusammenfassen.
Im Umweltausschuss wurde der Lärmaktionsplan auf Antrag der SPD in den Rat geschoben – schade. Glücklicherweise fand trotzdem eine Aussprache statt.
Unser Appell an alle: Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass sich interessierte Bürgerinnen und Bürger viel öfter an Ratsvertreter oder Fraktionen wenden sollten, damit die Ratsvertreter*innen mehr mitbekommen, was uns bewegt und wofür wir uns einsetzen.