Offener Brief an die Ratsmitglieder

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Folgenden Brief haben wir an die Duisburger Ratsmitglieder geschickt:

Offener Brief an die Ratsmitglieder zum Beginn der Offenlage am 1.7. (bis 29.7.) des
überarbeiteten Flächennutzungsplans

Sehr geehrte Damen und Herren,
in der Ratssitzung am 10.6.2024 wurde die zweite Offenlage des Flächennutzungsplanes 2023
(FNP) beschlossen. Leider haben Sie keinerlei Einfluss auf das Datum der Offenlage genommen,
so dass die Bürgerbeteiligung erwartbar gering ausfallen wird: Von vier Wochen Offenlage fallen
drei Wochen in die Sommerferien.
Warum lassen Sie das zu? Warum verschließen Sie sich einer demokratischen Bürgerbeteiligung?
Warum geht echte Bürgerbeteiligung nur bei der A 59 und nicht beim FNP?
Sie schlagen mit dem Flächennutzungsplan den Duisburgerinnen und Duisburgern vor, wie sich
das Stadtgebiet in den nächsten 10 bis 15 Jahren entwickeln soll.
Wir vom Klimaentscheid Duisburg fragen Sie:
Schaffen Sie im FNP mehr Lebensqualität durch kühle, begrünte Parks quer durch das Stadtgebiet,
die von Nord nach Süd miteinander verbunden sind? Fördern und stärken Sie den Biotopverbund,
so wie er vom Rat beschlossen wurde? Sorgen Sie dafür, dass auch in hochverdichteten Berei-
chen noch attraktives Wohnen im Grünen möglich ist?
Legen Sie Wert darauf, dass viele ehemalig industriell und gewerblich genutzte Flächen entsiegelt
werden, um in Duisburg wieder mehr Wald und Natur zu schaffen?
Bewahren Sie die wenigen kostbaren Landschaften und Böden, die nach 150 Jahren Industriali-
sierung noch vorhanden sind? Gehen Sie noch einen Schritt weiter und schaffen zusätzliche Na-
turschutzgebiete, um der Bevölkerung ein bisschen Grün von dem zurück zu geben, was ihr seit
Jahrzehnten genommen wurde?
Nein, lautet die klare Erkenntnis, dies alles tun Sie nicht, und jetzt wird auch noch die Bürgerbeteili-
gung in die Saure-Gurken-Zeit geschoben.

  • Deutschland wird seine Klimaziele für 2030 verfehlen, auch wegen solcher Flächennut-
    zungspläne wie dem in Duisburg. Sie betrachten immer noch jede freie Fläche als Baure-
    serve, und eben nicht als Teil unserer Lebensgrundlage, mit der schonend umgegangen
    werden muss. Ohne mehr grüne und bewaldete Flächen wird die Hitzebelastung für die
    Stadtbewohnerinnen und -bewohner massiv zunehmen.
  • Klima gehört Ihrer Meinung nach in den Klimaaktionsplan und das Klimawandel-Anpas-
    sungskonzept (KLIAS). Dieses haben Sie aber gar nicht verbindlich beschlossen, sondern
    nur zur Kenntnis genommen. Darin liest man, dass Sie für die Klimafolgenanpassung auf
    den Flächennutzungsplan warten und dieser sich explizit mit Grün- und Freiflächen be-
    schäftigen muss.
  • 2014 hatte die Stadt es übernommen – ohne dass dies erkennbar im Rat beschlossen
    wurde – ca. 3140 Wohneinheiten für die Stadt Düsseldorf zur Linderung der Wohnungsnot
    zu übernehmen, damals auf konkret benannten Flächen. 2024 sind 10 Jahre vergangen
    und der Wohnungsmangel hat sich verschärft.

Aber wie viele Wohneinheiten wurden seitdem für Düsseldorfer gebaut? Was ist mit den
damals dafür vorgesehenen Flächen geschehen? Dazu werden der Rat ebenso wenig wie
die Bürgerinnen und Bürger informiert. Stattdessen wird heute noch ein Düsseldorfer Be-
darf von 3140 Wohneinheiten behauptet und dafür 71 Hektar Versiegelung beschlossen.
Aus heutiger Sicht ist dies die Hälfte des eigenen aktuellen Duisburger Wohnraumbedarfs.
Sie bauen jetzt den Duisburger Süden genauso zu, wie man es schon im Norden getan hat. Aber
auch dort geht noch was. Das sieht man in Neumühl: Bald gibt es dort keinen grünen Pfad mehr,
weil der kontinuierlich seit 2019 abgeholzt wird und nun endgültig bebaut werden soll, wie auch
das letzte Landschaftsschutzgebiet Stalbergshof. Der Walsum seit zehn Jahren versprochene
neue 16 Hektar Zuwachs an Wald im Driesenbusch wird auf 4 Hektar eingedampft, obwohl Duis-
burg die waldärmste Stadt in ganz NRW ist. Als Wohnort wird Duisburg damit weiter unattraktiver.
Der von der Stadtspitze immer wieder formulierte Wunsch, für Menschen aus umliegenden Kommu-
nen eine Wohnalternative darzustellen, kann so nicht funktionieren.
Gleiche Lebensverhältnisse im Süden wie im Norden, das scheint das Ziel zu sein. Im Norden wie
im Süden seit Monaten überflutete Keller, das Wasser fließt nicht ab. Wo sind die Versickerungsflä-
chen, Zisternen u.ä. im Flächennutzungsplan eingeplant, die so etwas künftig verhindern könnten?
Auch da Fehlanzeige.
Was ist mit der Wirtschaft? Wird der FNP die Arbeitslosenzahlen senken, wird der Plan die Wirt-
schaft voranbringen? Die Arbeitslosenzahl in Duisburg hat sich nicht zum Besseren gewendet, ob-
wohl Duisburg im Ruhrgebietsvergleich eine der zwei Städte ist, die die meisten Gewerbe- und In-
dustrieflächen hat. Da der Regionalplan das Mengengerüst der Vergangenheit fortschreibt, gibt es
einen großen Zuwachs an diesen Flächen. Was sagt das bundesweite Ranking: Es kommt nicht
auf die Flächenmenge an, sondern auf die Art der Ansiedlung, auf Strukturwandel, hin zu Hoch-
technologie und Dienstleistung. Duisburg ist in diesem Ranking seit langem Schlusslicht.
Wir fordern:

  • Natur muss in der Planung den gleichen Stellenwert bekommen, den Wohnen und Ge-
    werbe haben
  • Eine klimagerechte Flächenplanung durch Stärkung und Vermehrung von Wald und Natur
    sowie Versickerungsflächen zum Schutz vor Starkregen
  • Verdoppelung des Waldes auf 12% der Fläche, vor allem im Norden
  • Im Flächennutzungsplan Ausweisung von Kompensationsflächen für die geplante Bebau-
    ung, damit die Natur wohnortnah vermehrt wird
  • Zugang zu Grünflächen für alle, die in verdichteten Stadtteilen wohnen
  • Eine Flächenpolitik im Interesse von mehr zukunftssicheren Arbeitsplätzen
  • Eine Bilanz nach zehn Jahren Wohnbauverpflichtung für Düsseldorf
Der Klimaentscheid Duisburg wünscht sich von den Ratsvertreterinnen und Ratsvertretern, also
von Ihnen, dass Sie in einen offenen, ehrlichen Austausch mit der Bevölkerung und der Klimabe-
wegung treten.
Wir fordern Sie auf, in Ihrem Abstimmungsverhalten und in Diskussionsbeiträgen deutlich zu ma-
chen, dass Sie sich um die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger ernsthafte Gedanken ma-
chen und Sie Ihrer Verantwortung entsprechend handeln. Denn der Klimawandel findet statt, und
betrifft eine Großstadt wie Duisburg bereits heute.
Wir freuen uns über Ihre Rückmeldung und kommen gerne mit Ihnen ins Gespräch.
Für das Bündnis KlimaEntscheid Duisburg (info@klimaentscheid-duisburg.de):
Herbert Fürmann, Lara Schartau-Engelking (ADFC Duisburg)
Kerstin Ciesla (BUND Duisburg)
Peter Rolauffs (NABU Duisburg)
Antje Ahlbrecht, Charlotte Brinkmann (Parents for Future Duisburg)
Wolfgang Dewald