Vergabe des „Grünen Waschlappens“ 2024 – Ausführliche Begründungen

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Es ist soweit: die „Gewinner“ des Grünen Waschlappens stehen fest. Zur Erinnerung: Der „Grüne Waschlappen“ ist unser neuer Negativ-Preis,mit dem wir die „dreisteste Umweltlüge in unserer Stadt“ auszeichnen.

Bürger*innen und Bürger konnten sich mit Vorschlägen beteiligen. Nun hat unsere Jury die Vorschläge gesichtet und sich einstimmig für einen Vorschlag entschieden, der mehrmals eingereicht wurde. Ein zweiter Grüner Waschlappen wurde unter den Vorschlägen aus unserem Bündnis ausgewählt. Auch hier kam die Jury zu einem einstimmigen Votum.

Aber wer bekommt den „Preis“ nun?

Einen Grünen Waschlappen verleiht das Klimabündnis an die „fußgänger- und fahrradfreundliche Stadt Duisburg“, wie einige städtische Schilder über Duisburg verteilt behaupten. Seit Jahren engagieren wir uns für bessere Bedingungen für den Fuß- und Radverkehr in Duisburg. Das Aufstellen von Schildern und Öffentlichkeitsarbeit allein helfen hier leider nicht weiter, und können nur als Greenwashing bezeichnet werden.

Den zweiten Grünen Waschlappen erhält die Karte „Kühle Orte in Duisburg“, zu finden auf der Seite der Stadt unter https://geoportal.duisburg.de/geoportal/kuehleorte/. Eigentlich eine gute Idee! In einer Stadt, die jedes Jahr heißer wird, brauchen die Menschen kühle Orte. Doch welche Orte findet man mit der Karte? Das Explorado im Innenhafen ist enthalten, das seit drei Jahren nicht mehr in Duisburg ist. Schon bei der Erstveröffentlichung der Karte war es nach Troisdorf verzogen! Viele andere der verzeichneten Orte sind ähnlich absurd: So werden beispielsweise die Bücherbus-Haltestellen oder U-Bahn-Haltestellen als kühle Orte beworben. Echte kühle Orte wie der Uniwald, der Stadtwald, der Baerler Busch und die Naturschutzgebiete fehlen auf der Karte. 

Auch hier nimmt die Stadt duisburg den Themenkreis Klimakrise und die Folgen der Klimaveränderungen nicht ernst.

Wir werden den Grünen Waschlappen am 08.06.2024 um 13:30 Uhr im Rahmen des Umweltmarkts auf der Königstraße in der Duisburger Innenstadt verleihen. Alle Interessierten sowie die Vertreter der Preis-Empfänger sind herzlich dazu eingeladen.

Ausführliche Begründungen

Im Folgenden die ausführlichere Begründung für die Vergabe des Grünen Waschlappens:

1. Grüner Waschlappen für die Karte der „Kühlen Orte“ der Stadt Duisburg

Unsere Sommer werden heißer. Gerade in Duisburg, das leider bundesweite Hitzerekorde zu verzeichnen hat. Wo kann ich mich bei Temperaturen über 30 Grad aufhalten, wenn ich keinen eigenen Garten habe? Wo kann ich die Mittagspause verbringen? Wie kann ich am Wochenende eine Radtour planen, die nicht durch Gluthitze führt?

Viele Städte in Deutschland haben Karten online gestellt, in denen man „Kühle Orte“ finden kann. Auch Duisburg stellt eine Karte der Kühlen Orte zur Verfügung, eine begrüßenswerte Initiative: https://geoportal.duisburg.de/geoportal/kuehleorte

Bei näherem Hinsehen entpuppt sich diese Karte als Greenwashing. Die Karte ist für die Benutzung vollkommen unbrauchbar, keine der oben genannten Fragen lässt sich damit beantworten.
In der Karte sind ganz formal Orte wie Museen, U-Bahnhöfe, Kirchen, Kleingartenanlagen usw. eingetragen. Es wurde nicht geprüft, ob sie sinnvoll zu nutzen sind und wann sie zur Verfügung stehen. Auch die Eigentümer*innen der Orte wurden nicht informiert geschweige denn gefragt, ob sie damit einverstanden sind, dass Menschen sie aufsuchen, weil sie einen kühlen Ort suchen.
In der Karte ist nicht verzeichnet, ob die Orte Eintritt kosten und wann sie geöffnet sind.

Einige Beispiele:

  • U-Bahnhöfe: U-Bahnhöfe sind keine Orte, die man aufsucht, um dort freiwillig Zeit zu verbringen. Manchmal sind sie durch Fahrgäste überfüllt, vor allem wenn in der Fahrplananzeige der U-Bahn mal wieder „entfällt“ erscheint. Weitere Menschenmengen, die dort Kühlung suchen, würden unweigerlich das Chaos noch vergrößern. Sitzgelegenheiten sind fast nicht vorhanden, ein Ticket ist Bedingung.
  • Fahrbibliotheken / Stadtteilbibliotheken: Der Bücherbus hält an den einzelnen Haltestellen wenige Stunden in der Woche. Er hält für Menschen, die Bücher ausleihen wollen. Die gemütliche Sitzecke ist nicht für Menschen gedacht, die ihre Mittagspause dort verbringen wollen. Auch Stadtteil-Bibliotheken ohne Klimaanlage sind aufgeführt.
  • Museen: Manche Museen sind nur einmal in der Woche oder sogar einmal im Monat geöffnet. Viele Museen kosten Eintritt.
    Das Highlight ist die Angabe es Explorado-Museums am Innenhafen. Es ist seit 2021 in Duisburg geschlossen und nach Troisdorf umgezogen. Auch das Haniel Musum ist bereits seit zwei Jahren nicht mehr für Publikumsverkehr zugänglich.
  • Kirchen: Viele Kirchen sind nur zu Gottesdiensten geöffnet, die Ludgerikirche hat gar keine regelmäßigen Öffnungszeiten. Ob die Gottesdienstbesucher es gut finden, wenn eine Familie dort auf dem Sonntagsausflug Picknick macht, mag bezweifelt werden.
Eine Person hängt über einem Geländer vor einem Gebäude mit Schriftzug "explorado" im Fenster
Eine bebildetere, humoristische Aufarbeitung der „Kühlen Orte“ haben wir hier zusammengestellt

Das Interessanteste an der Karte sind aber die tatsächlich Kühlen Orte, die alle Kriterien für die Aufnahme in dieser Karte erfüllen, aber NICHT eingetragen sind:
Der gesamte Duisburger Stadtwald, der Baerler Busch, Rahmerbuschfeld sowie kleinere Naturschutzgebiete. Und wenn es wirklich wieder mal über 40 °C wird, dann sollte man verletzlichen Menschen doch eher empfehlen, klimatisierte, öffentlich zugängliche Orte aufzusuchen, wie z.B. Einkaufszentren o.ä. Überdies müssen die Orte für ältere oder mobilitätseingeschränkte Personen auch einfach erreichbar sein. 

Fazit und Vorschläge, wie man es gut machen könnte

Eine Karte der „Kühlen Orte“ ist als Maßnahme im Rahmen der Klimaerwärmungsfolge sinnvoll. In vielen Städten wird sie hervorragend umgesetzt, als Beispiel ist Köln zu nennen:

https://koelngis.stadt-koeln.de/koelngis/portale/coole-orte/index.html?config=config_map.json

Auf der Kölner Karte gibt es Bilder und eine Beschreibung zu jedem Ort. Es wird kurz dargestellt, warum er aufgeführt wird und ob es Bedingungen wie Eintritt, Öffnungszeiten usw. gibt. Das sind Einträge, die sinnvoll für verschiedene Anlässe zu nutzen sind. Die Stadt Köln ruft ihre Bürgerinnen und Bürger auf, Vorschläge für Einträge zu machen um somit die Erfahrungen der eigenen Bevölkerung zu nutzen.

Duisburg hingegen hat eine unbrauchbare und zum großen Teil vollkommen sinnfreie Karte ins Internet gestellt. Würde man die Karte ernstnehmen, dann würde man bei hohen Temperaturen z.B. vor dem ehemaligen Explorado auf dem heißen Asphalt enden. Das gefährdet die Gesundheit, anstatt ihr zu helfen.

Wir sehen in der Realisierung der Karte ein Beispiel dafür, dass die Stadt Duisburg das Thema Klimaerwärmung und deren Folgen nicht ernst nimmt, sondern formal und ohne Sinn handelt. Die Bürgerinnen und Bürger werden nicht ernst genommen, hier sogar regelrecht auf den Arm genommen.

Diese misslungene Karte ist kein Einzelfall, sondern spiegelt die Haltung und den Umgang mit dem Thema „Klima“ wieder. Sie zeigen sich bei vielen Konzepten wie KLIAS, dem Weg zur Klimaneutralität und dem Mobilitätskonzept. Die Erstellung der Konzepte erfolgt träge und schleppend. Wenn sie endlich erstellt sind, werden sie ignoriert und verschwinden in der Schublade.

Den Bürgerinnen und Bürgern ist zu raten, die Karte nicht aufzurufen, zumindest nicht, um sie zu nutzen, sondern höchstens um den Umgang der Stadt mit Klimafolgen zu studieren.

2. Grüner Waschlappen für die Mitgliedschaft der Stadt Duisburg in der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte in NRW

Unsere Art der Mobilität hat große negative Folgen für die Klimabilanz. Der Verkehrssektor trug 2023 rund 22 % zu den Treibhausgasemissionen Deutschlands bei. Gerade in Duisburg müsste der motorisierte Individualverkehr  (MIV) reduziert werden und der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), wie auch besonders der Fuß- und Radverkehr (Umweltverbund) gestärkt werden, um Ziele in der Klimabilanz zu erreichen.

Die Stadt Duisburg war bereits 7 Jahre Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW e.V. (AGFS). Diese Mitgliedschaft wurde 2023 um weitere 7 Jahre verlängert. Die AGFS beschreibt ihre Aufgabe so:

„Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, Nahmobilität in unseren Städten, Gemeinden und Kreisen zu stärken. Nahmobilität umfasst die nicht motorisierte Mobilität in unseren Kommunen, also zu Fuß gehen, Rad fahren, Skate- und Kickboard oder Inliner fahren. Dazu zählt selbstverständlich auch die Nutzung von Rollstühlen und Rollatoren.“

Diese Ziele begrüßen wir ausdrücklich.

Im Ratsbeschluss der Stadt von April 2023 zur Verlängerung der Mitgliedschaft heißt es unter anderem: „Der Rat der Stadt Duisburg hat am 30.03.2020 die Aufstellung eines gesamtstädtischen Mobilitätskonzepts beschlossen, das ein verkehrliches Leitbild mit umfassenden Zielen enthalten soll und als Handlungsrahmen für die zukünftige nachhaltige Mobilitätsentwicklung in Duisburg dient. (…) Die vorbehaltlich der Beschlussfassung entwickelten Ziele enthalten u. a. die verkehrspolitisch bedeutsame Verringerung des MIV im wegebezogenen Modal Split sowie die Neuverteilung des Straßenraums zu Gunsten des Umweltverbunds.“

Die Stadt sieht also die Mitgliedschaft in der AGFS als Teil ihrer klimapolitischen Bemühungen im Bereich des Straßenverkehrs.

Schilder aufgestellt, aber Leitfäden nicht umgesetzt

Bei der Betrachtung der Realität ist festzustellen, dass hier leider Greenwashing vorliegt.

Die AGFS hat mehrere gute Leitfäden zu Themen der Verkehrsplanung wie Radschnellwege, Baustellenabsicherungen, Fußverkehr herausgebracht. Die Anleitungen in diesen Leitfäden werden in der täglichen Praxis meist nicht berücksichtigt.

Nicht zufällig bekommt die Stadt Duisburg wegen ihrer Mitgliedschaft in der AGFS auch den Kinder- und Jugendpreis des Grünen Waschlappens. Es ist fast überall in Duisburg nicht zu verantworten, unsere Jüngsten selbständig mit dem Fahrrad loszuschicken. Vor Schulen werden die Zustände eher schlimmer. Bauliche und verkehrstechnische Maßnahmen vor Schulen sucht man in Duisburg vergebens.

Der Leitfaden Baustellenabsicherung im Bereich von Geh- und Radwegen der AGFS findet in Duisburg bislang bei den meisten Baustellen keine Berücksichtigung. Im Fahrradklimatest des ADFC erhält Duisburg seit Jahren zu diesem Thema eine glatte fünf.

Der Leitfaden zur Gestaltung eines Radschnellwegs ist in Duisburg bislang leider unnütz, denn auch 2024 ist die Planung des Radschnellwegs RS1 noch immer nicht abgeschlossen. Realisiert ist auf Duisburger Gebiet kein einziger Meter. Kurzfristige Erfolge sind nicht zu erwarten.

Auch zur Einbindung von Radschnellwegen in das bestehende Netz gibt es Hilfen der AGFS. Die Einbindung des kommenden RS1 in das bestehende Radwegenetz beschränkt sich auf die Einrichtung eines Schutzstreifens in der Lotharstraße, der zusätzlich gerade an schwierigen Stellen unterbrochen ist. Für die Anbindung des Zentrums von Neudorf an die geplante RS1-Trasse ist darüber hinaus die Lotharstraße von der Streckenführung her ungeeignet.

Die Liste der Beispiele ließe sich sehr lang fortsetzen.

Wir sehen, dass die Mitgliedschaft in der AGFS für die Duisburger Bürgerinnen und Bürger, die Alltagswege mit dem Fahrrad zurücklegen wollen, bislang keine positiven Auswirkungen hat. Sie haben kein Verständnis für die Schilder, die behaupten, Duisburg sei eine fahrradfreundliche Stadt, sondern empfinden sie als Hohn.