Etikettenschwindel, Mogelpackung oder irgendwo bekommen wir Fahrradfahrende auch noch unter?
Der RS1 soll von Hamm nach Duisburg verlaufen. Seit 2010 geplant, sollte die Duisburger Strecke 2020 fertig sein. Fakt ist, nicht ein Zentimeter ist von Mülheim nach Duisburg gebaut. Fakt ist auch, dass die Strecke von Mülheim nach Duisburg auch jetzt noch nicht exakt geplant ist. Warum? Weil man nach 12 Jahren Planungszeit feststellt, dass die DB Flächen nicht abgeben will.
Finde den Fehler!
Statt nun die genaue Streckenführung mal von Mülheim nach Duisburg zu veröffentlichen, gab es einen Jubel-Zeitungsartikel, mit der Aussage zum Nachtigallental und einem Umweg von der Koloniestraße, über den alten Friedhof mit Querung über den Sternbuschweg zu den sogenannten Duisburger Dünen, dem ehemaligen Güterbahnhofsgelände, welches noch bebaut werden soll. Dieser Umweg ist ein absoluter Etikettenschwindel. Die Duisburger Dünen haben nichts, aber auch gar nichts mit Radschnellweg RS1 zu tun.
Ja, eine Fahrradschnellstraße braucht man über die Dünen, ja wir brauchen dringend auch innerstädtische Radschnellwege, aber das hat nichts mit dem RS1 von Hamm nach Duisburg zu tun. Enden soll der RS1 dann am Duisburger Hauptbahnhof.
Start am Hauptbahnhof
Die heutige Fahrradtour des Bündnisses Klimaentscheid Duisburg hatte zum Schwerpunktthema die Weiterführung des RS1 von Duisburg nach Moers. Mit 23 Personen sind wir am Hbf gestartet und haben den Ausführungen von Herbert Fürmann vom ADFC Duisburg gelauscht, der die leider in Duisburg auch noch nicht veröffentlichte Machbarkeitsstudie zur Verlängerung nach Moers zum Glück kennt.
Vom Duisburger Hauptbahnhof komment waren wir sofort den Bettelampeln ausgesetzt. Die Frage, ob es auf der ehemaligen Bocksbart-Strecke Richtung Rheinpark und Heerstr. weiter geht, oder doch die Mercatorstr/ Kremerstr. ist nicht ganz geklärt.
Auch wir hatten die Qual der Wahl, Querung an der Ecke Düsseldorfer Str. und über den viel zu schmalen Fahrradweg, oder doch bis zur nächsten Ampel fahren.
Mit den 23 Fahrradfahrenden hätten wir ohne Probleme als Konvoi auf der Straße fahren können, aber an vielen Stellen haben wir bewusst diesen Vorteil nicht genutzt, um die Strecke und die benutzungspflichtigen Fahrradwege zu erfahren.
Die Barke auf dem Fahrradweg war nicht das einzige Hindernis, obwohl die Straße nur für den Autoverkehr an dieser Stelle gesperrt ist. An der nächsten Ampel war es dann wieder sehr knapp, dass alle in einer Ampelphase rüber gekommen sind, denn auch diese Kreuzung ist auf den Autoverkehr optimiert.
Noch mal kurz zur Erinnerung, es geht um eine Strecke für einen Radschnellweg! Den RS1 kann man von uns aus gesehen von Mülheim nach Essen bestens „erfahren“. Radschnellwege sind unterbrechungs- und querungsfrei und sicherlich nicht an einer Strecke von Bettelampeln auf uralten Radwegen, die dann zum Teil dann auch noch verschwinden, angelegt!
Das Wort Radschnellweg hat nicht umsonst den Bestandteil „schnell“ im Namen!
Marientor
Will man aus der Duisburger Innenstadt nach Moers, muss man irgendwie den Hafen und den Rhein überqueren. Will man dies per Fahrrad tun, ist es gerade am Marientor lebensgefährlich.
Zum Marientor gibt es seit Jahrzehnten Diskussionen zum Umbau bezüglich des LKW-Verkehrs. Nun will man offensichtlich gemäß Machbarkeitsstudie zu RS1 Verlängerung auch eine Radschnellweg-Strecke einrichten.
Wie viele Jahrzehnte das dann wohl noch braucht?
Es gab viele Diskussionen bei unserer heutigen Fahrradtour des Klimaentscheid Duisburg Bündnisses unter der Tourenleitung des ADFC, wie man das Marientor queren könnte. Gute Lösungen kann es bei dieser chaotischen Verkehrsführung nicht geben.
Aber mal ehrlich, was geht in den Köpfen von Planern vor, wenn sie unter dem Namen Radschnellweg etwas propagieren, was auch wieder nur eine schlechte Alltagsradwegeführung ist? Mogelpackung? Fördermittelerschleichung?
Radschnellwege sind querungsfrei und schnell zu befahren. Eine Planung am Marientor hat nichts mit einem RS1 zu tun!
Ob die Planer auch mal auf ein Fahrrad steigen oder kennen sie die Strecken nur im GIS-System?
Irgendwo noch Fahrradfahrende unterbringen, hat nichts mit der Umsetzung von Schnellradwege-Verbindungen in einer Stadt zu tun.
A40
Mit 23 Radelnde sind wir ein Konvoi. Wir fahren auf der Straße, da der Fahrradweg auch wieder nur ein Kombinationsweg auch für Fußgänger*innen ist und ganz und gar nicht plan ist.
Sonntags, ohne LKWs, ohne Berufsverkehr und dennoch wurden wir von massiv beschleunigenden Autos überholt. Sie konnten keine zwei Minuten mal hinter uns her fahren.
Gemäß Machbarkeitsstudie gibt es verschiedene Alternativen über den neu gemachten Weg am Damm oder Essenbergerstr. Wir sind die Alternativen abgefahren, aber auch diese Teilstrecken mit Ampeln und großen Kreuzungen oder durch Neuenkamp mit Autofahrenden, die nicht wissen, wie viel Abstand 1,5 Meter sind, obwohl wir brav alle hintereinander gefahren sind, haben nichts mit einem Radschnellweg zu tun.
Auf dem Weg zur A40 Brücke gibt es dann noch die netten Barrieren und „schon“ geht es neben der A40 lang. Laut und mit Stickoxiden und Feinstaub geschwängerter Luft, macht Fahrradfahren dort nicht so wirklich Spaß. Der Hoffnungsschimmer ist da, wenn der A40 Ausbau fertig ist, wird der Fahrradweg neben der Schallschutzwand geführt. Das hat natürlich nur Lärmreduktion zur Folge und keinen Einfluss auf Feinstaub oder Stickoxid-Werte.
Fahrradwege neben einer Autobahn sind daher aus meiner Sicht nur die zweitbeste Lösung, denn tief einatmen sollte man an solchen Stellen nicht.
Umweg als Teil des RS 1
Die Baustelle an der A40 in Homberg, Beschilderung und die Bettelampeln für Fahrradfahrende…
Kommt man von der A40 Brücke runter, darf man nicht normal rechts abbiegen. Hier ist die Durchfahrt für Fahrräder verboten. Also muss man gezwungenerweise erstmal in die falsche Richtung fahren, um dort an der A40-Auffahrt an zwei Bettelampeln fest zu hängen. Dann geht es auf dem Fahrradweg der Gegenrichtung weiter, um dann erneut an zwei Bettelampeln zu warten, bis man endlich weiter kommt.
Was man aber bei all dieser Einschränkung völlig vergessen hat, dass es leider für Ortsfremde gar keine Fahrradwege-Beschilderung mehr gibt, dabei ist dies sogar offiziell ein Teil des Rheinradwegs!
Mit Mobilitätswende haben solche Wegeverbindungen nichts zu tun. Nur weil dem Autoverkehr absoluter und alleiniger Vorrang gewährt wird, werden Fahrradfahrende an 4 Bettelampeln aufgehalten und man darf per Fahrrad ein paar hundert Meter nicht befahren. Wenn es wenigstens Baustellenampeln wären, die würden in 5 Sekunden reagieren, aber nein, klassische Bettelampeln mit jeweils mehreren Minuten Wartezeit.
Ist das fair?
Asterlagen und Moers
Wenn man die Beschilderung des Radwegs gefunden haben sollte, sieht die Machbarkeitsstudie der Erweiterung des RS1 von Duisburg nach Moers vor, dass der Weg am Gewerbegebiet Asterlagen vorbei geht.
An der Bahnkreuzung hat uns unser „Tourenguide“ vom Duisburger ADFC dargelegt, dass die Machbarkeitsstudie eine Streckenführung hinter der Bahnkreuzung einmal quer über die Felder vorsieht. Daran erkennt man meines Erachtens, dass die Planer offensichtlich nur auf GIS-Systeme starren.
Auf Moerser Stadtgebiet ist die Streckenführung dann auch nicht besser. Auf der Asbergerstraße z.B. gibt es auf die Straße gemalte Radwege, aber geparkt wird links daneben. Dooring-Abstand unmöglich und wenn eine beifahrende Person die Türe aufreißt, hat man noch nicht mal eine Chance auszuweichen, weil der Bordstein direkt rechts daneben ist.
Auch die restliche Strecke bis zum Moerser Bahnhof hat nichts mit Querungsfreiheit zu tun.
Ich bin dankbar für die sehr informative Fahrradtour des Klimaentscheid Duisburg Bündnisses und die Tourenleitung von Herbert Fürmann vom ADFC Duisburg.
Fazit: Etikettenschwindel – Mogelpackung – Augenwischerei – so wird das nix mit der Mobilitätswende!
Die Radtour war sehr informativ, aber auch sehr ernüchternd.
Die ganze „Planung“ der „Verlängerung“ des RS1 von Duisburg nach Moers ist Augenwischerei. Zunächst kann man nichts verlängern, was nicht da ist. Der RS1 endet in Mülheim. Nach 12 Jahren Planung gibt es immer noch keine offizielle Streckenführung auf Duisburger Stadtgebiet oder auch nur einen Zentimeter, der gebaut wäre. Statt jetzt endlich die Anbindung an Mülheim zu planen und umzusetzen, macht man Nebenschauplätze wie Abstecher über die Duisburger Dünen oder Verlängerung nach Moers auf. Keines dieser Projekte hat irgendetwas damit zu tun, Menschen aus den Autos auf das Fahrrad zu bekommen, um die Mobilitätswende umzusetzen.
Radschnellwege müssen eine schnelle Alternative sein, müssen sicher sein, müssen querungsfrei sein und dürfen nicht auf völlig unzureichenden alten Wegen mit großen Kreuzungen und Bettelampeln geplant werden.
Das, was wir gemäß Machbarkeitsstudie abgefahren sind, ist eine Zumutung.
Bei Radschnellwege geht es um Alltagsverkehr, es geht darum Pendelnden Menschen aus dem Auto raus zu bekommen und zum Umsteigen auf das Fahrrad oder Pedelec zubewegen. Es geht nicht um Freizeitverkehrsteilnehmende, die am Wochenende mal etwas Fahrrad fahren.
Natürlich brauchen wir ein Radschnellwegenetz. Natürlich brauchen wir in jedem neu zu planenden Quartier auch gleich Radschnellwege, aber dann auch richtig und verbindlich und realisiert!
Es gibt viele Fördermöglichkeiten, aber dafür müsste Duisburg auch endlich von der autozentrierten Denkweise abrücken und auf einen anderen Modalsplit fokussieren.